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1. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 455

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
455 anbefohlen worden; der Rat solle die Unterhandlungen mit Tilly noch einen oder etliche Tage aufschieben. 3. Am 29. Mai schickte Tilly einen Trompeter und ließ die Stadt zur Übergabe auffordern. Schnell ließ der Kommandant von Lawis den Bürgermeister, den Syndikus, den Kämmerer und den Stadthauptmann zu sich rufen; und in ihrer Gegenwart erteilte er dem Trompeter folgende Antwort: Er möge dem General Tilly nur anzeigen, daß ihm dieser Platz von dem Könige von Dänemark anvertraut wäre, und daß er Befehl habe, ihn mit Leib und Blut aufs äußerste zu verteidigen. Sein fester Ent- schluß sei, diesen Befehl aufs strengste zu erfüllen, was auch sein Eid und seine Pflicht von ihm fordere. Er würde wert sein, daß man ihn an den höchsten Baum hänge, wenn er einen solchen Ort, der noch mit allen möglichen Lebensmitteln und mit Schießbedarf hinlänglich versehen sei, so leichtfertig übergeben würde. Der Herr General möge doch bedenken, wie es ihm gefallen würde, wenn er einem seiner Offiziere einen solchen Platz anvertraut habe und dieser ihn so leicht übergebe. Der Magistrat habe hierbei nichts zu sagen, dieser sowohl wie die Bürgerschaft seien in seiner Gewalt und müßten wohl tun, was er als Befehlshaber für gut halte. 4. Kaum war der Trompeter mit dieser kecken Antwort zurück, so er- widerte Tilly schon mit dem fürchterlichsten Kanonendonner. Er ließ sofort die Stadt mit 12 groben Stücken, wovon sieben zu Altmünden und fünf an der Zimmerbahn standen, ununterbrochen beschießen. Am andern Tage wurden aus 10 groben Stücken über 800 Schüsse auf die Stadt gefeuert. Die Stadtmauer wurde an verschiedenen Stellen durchbrochen, und die Feinde fingen an zu stürmen. Die Besatzung leistete eine bewunderungs- würdige Gegenwehr. Schon drang der Feind von der Mühlenstraße her stürmend nach dem Markte vor; der Oberst Clav et stellte sich ihm mit 50 Musketieren entgegen und trieb ihn mit beträchtlichen Verlusten zurück. An einer andern Stelle hatten die Stürmenden es mit dem Teufel selbst zu tun. Ein Mündener Bürger, namens Asmns Teufel, der mit anderen Bürgern die Brücke besetzt hielt, bediente ein schweres Geschütz. Er hatte dasselbe mit Radnägeln u. a. m. nicht schwach geladen. Die stürmenden Feinde, nichts ahnend, öffneten schnell von innen das südliche Brückentor; kaum aber ist es geöffnet, so feuert Asmns Teufel los, und das Jammergeschrei der vielen Feinde verkündet die schreckliche Wirkung jenes fürchterlich geladenen Mordgewehrs. Nicht weniger Tapferkeit zeigte der Hauptmann Reden. Er hatte seinen Platz hinter dem Schlosse in . der Schanze. Durch sein Beispiel und seine Liebe begeisterte er auch seine Soldaten zu unglaublicher Tapferkeit. Zweimal schlug er den nach- drücklichsten Sturm des Feindes zurück und hielt sich ritterlich. Als er sah, daß der in die Stadt eingedrungene Feind auch ans das Schloß los- stürmte, drang er mit seinen tapfern Kriegern in der größten Wut gegen

2. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 466

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
466 fünften bis zwölften Jahre im Winter täglich, im Sommer ein- oder zweimal in der Woche zur Schule zu schicken. Kein Kind sollte zum Konfirmandenunterricht zugelassen werden, das nicht wenigstens lesen und schreiben könne. Unbekümmert um den Widerspruch, den er dabei erfuhr, trug er auch in diesem Falle kein Bedenken, seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen. Als die preußische Regierung allerhand Einwände gegen den Schulzwang erhob, schrieb er an den Rand ihrer Eingabe: „Dieses ist nichts; denn die Regierung will das arme Volk in Barbarei erhalten. Denn wenn ich baue und verbessere das Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts.“ Der König beschränkte sich aber nicht darauf, die Einrichtungen von Schulen anzuordnen, sondern bei aller seiner sonstigen Sparsamkeit spendete er freigebig für dieselben die größten Summen. Für jeden Schulhausbau bewilligte er freies Bauholz und einen Morgen Land, sowie freies Brennholz für die Heizung der Schulzimmer. Unter seiner Regierung sind über 2000 neue Schulen errichtet worden; in Ostpreußen und Litauen, wo das Volk ganz besonders noch in tiefster Unwissenheit und Roheit dahin lebte, verdanken allein 1160 Dorf- schulen der Fürsorge des Königs ihre Entstehung. Nach Bernhard Rogge. 261. Aus Friedrichs des Großen Weisungen an den Grafen Finkenstein. Berlin, den 10. Januar 1757. In der entscheidenden Lage, in der sich unsere Verhältnisse befinden, muß ich Ihnen meine Weisungen geben, damit Sie in allen Unglücksfällen, welche sich möglicherweise ereignen, ermächtigt sind zu Schritten, welche getan werden müssen. Sollte ich getötet werden, so sollen die Dinge ihren Fortgang nehmen ohne die geringste Veränderung und ohne daß man merke, daß sie in andern Händen seien, und in diesem Falle soll man ebenso hier wie in Preußen und besonders in Schlesien Eidesleistung und Huldigung be- schleunigen. Wenn ich das Unglück haben sollte, in die Hände des Feindes zu fallen, fo verbiete ich, daß man auf meine Person auch die geringste Rücksicht nehme oder demjenigen die geringste Bedeutung beilege, was ich aus meiner Gefangenschaft schreiben könnte. Wenn mich ein solches Un- glück träfe, so will ich mich für den Staat opfern, und man soll meinem Bruder gehorchen, welcher ebenso wie alle meine Minister und Generale mir mit seinem Kopfe dafür haften wird, daß man weder eine Provinz noch einen Heller für mich opfern und den Krieg mit Verfolgung der eigenen Vorteile fortsetzen wird, ganz als wenn ich niemals auf der Welt existiert hätte.

3. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 43

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
43 2. Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt, der froh von ihren Taten, ihrer Größe den Hörer unterhält, und, still sich freuend, ans Ende dieser schönen Reihe sich geschlossen sieht! 3. Man spricht vergebens viel, um zu versagen; der andre hört von allem nur das Nein. 4. Um Guts zu tun, braucht's keiner Überlegung. 5. O weh der Lüge, sie befreiet nicht wie jedes andre wahrgesprochne Wort die Brust. cj Torquato Tasso. 1. Ein edler Mensch zieht edle Menschen an und weiß sie festzuhalten. ch Ein edler Mensch kann einem engen Kreise nicht seine Bildung danken. Vaterland und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und Tadel muß er ertragen lernen. Sich und andre wird er gezwungen recht zu kennen. 3. Es bildet ein Talent sich in der Stille, sich ein Charakter in dem Strom der Welt. 4. Die Menschen fürchtet nur, wer sie nicht kennt, und wer sie meidet, wird sie bald verkennen. 5. Willst du genau erfahren, was sich ziemt, so frage nur bei edlen Frauen an. 6. Nach Freiheit strebt der Mann, das Weib nach Sitte. 7. Ein gekränktes Herz erholt sich schwer. 8. Die wahre Freundschaft zeigt sich im Versagen zur rechten Zeit, und es gewährt die Liebe gar oft ein schädlich Gut, wenn sie den Willen des Fordernden mehr als sein Glück bedenkt. 31. Brief der Frau Rat an ihren Sohn vom 17. November 1786. Lieber Sohn! Eine Erscheinung aus der Unterwelt hätte mich nicht mehr in Verwunderung setzen können, als Dein Brief aus Rom. Jubi- lieren hätte ich vor Freude mögen, daß der Wunsch, der von frühester

4. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 66

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
66 41. Der Kaufmann. Wohin segelt das Schiff? Es trügt sidonische Männer, die von dein frierenden Nord bringen den Bernstein, das Zinn. Trag es gnädig, Neptun, und wiegt es schonend, ihr Winde, in bewirtender Bucht rausch' ihm ein trinkbarer Quell. Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen, geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an. 42. Macht des Weibes. Mächtig seid ihr, ihr seid's durch der Gegenwart ruhigen Zauber; was die stille nicht wirkt, wirket die rauschende nie. Kraft erwart' ich vom Mann, des Gesetzes Würde behaupt' er; aber durch Anmut allein herrschet und herrsche das Weib. 43. Die Worte des Glaubens. 1. Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer, sie gehen von Munde zu Munde, doch stammen sie nicht von außen her; das Herz nur gibt davon Kunde. Dem Menschen ist aller Wert geraubt, wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt. 2. Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und würd' er in Ketten geboren, laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei, nicht den Mißbrauch raseuder Toren! Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht, vor dem freien Menschen erzittert nicht! 3. Und ^>ie Tugend, sie ist kein leerer Schall, der Mensch kann sie üben im Leben, und sollt' er auch straucheln überall, er kann nach der göttlichen streben, und was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt. 4. Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt, wie auch der menschliche wanke; hoch über der Zeit und dem Raume webt lebendig der höchste Gedanke, und ob alles in ewigem Wechsel kreist, es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

5. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 67

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
67 M 5. Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer, die pflanzet von Munde zu Munde, und stammen sie gleich nicht von außen her, euer Innres gibt davon Kunde. Dem Menschen ist nimmer sein Wert geraubt, so lang er noch an die drei Worte glaubt. 44. Sprüche des Konfuzius. 1. Dreifach ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommtdiezukunfthergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, ewig still steht die Vergangenheit. 2. Keine Ungeduld beflügelt ihren Schritt, wenn sie verweilt. Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt ihren Lauf, wenn sie enteilt. 45. Breite Es glänzen viele in der Welt, sie wissen von allem zu sagen, und wo was reizet, und wo was gefällt, man kann es bei ihnen erfragen; man dächte, hört man sie reden laut, sie hätten wirklich erobert die Braut. Keine Reu, kein Zaubersegeu kann die stehende bewegen. 3. Möchtest du beglückt und weise endigen des Lebens Reise, nimm die Zögernde zum Rat, nicht zum Werkzeug deiner Tat. Wähle nicht die Fliehende zum Freund, nicht die Bleibende zum Feind. und Tiefe. Doch gehn sie aus derwelt ganz still, ihr Leben war verloren. Wer etwas Treffliches leisten will, hätt' gern was Großes geboren, der sammle still und unerschlafft im kleinsten Punkte die höchste Kraft. 46. Ein Brief Friedrich Schillers an seine Mutter. Jena, 19. September 1796. Herzlich betrübt ergreife ich die Feder, mit Ihnen und den Schwestern den schweren Verlust zu beweinen, den wir erlitten haben Z. Zwar ge- hofft habe ich schon eine Zeitlang nichts mehr; aber wenn das Unvermeid- liche eingetreten ist, so ist es immer ein erschütternder Schlag. Daran zu denken, daß etwas, das uns so teuer war, und woran wir mit den Empfindungen der frühen Kindheit gehangen und auch im späten Alter mit Liebe geheftet waren, daß so etwas aus der Welt ist, daß wir mit allem unsern Streben es nicht mehr zurückbringen können, daran zu denken, ist immer etwas Schreckliches. Und wenn man erst, wie Sie, teuerste Mutter, Freude und Schmerz mit dem verlornen Gatten und l) Den Tod seines Vaters. 5*

6. Bilder aus der vaterländischen, besonders der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 59

1912 - Leipzig : Hirt
Friedrich Wilhelm Iii. und die Knigin Luise. 59 10. Friedrich Wilhelm Iii. (17971840) und die Knigin Luise. Auf den groen König war sein Neffe gefolgt, Friedrich Wilhelm Ii., Age?d?s ein Herrscher, der seinen Vorgnger bald vermissen lie. Am Hofe groen herrschte damals, ganz anders als zu Friedrichs des Groen Zeiten, ein sehr lustiges Leben. Dem ernsten Kronprinzen gefiel das wenig. Da lernte e*6bun3 er in Frankfurt a. M. die jugendschne Prinzessin Luise von Mecklenburg Fammen-kennen und lieben. Seine Liebe ward erwidert, und bald wurde aus g-riebri* Friedrich Wilhelm und Luise das glcklichste Ehepaar. Die Prinzessinun?Lui?ns, hatte gleich alle Herzen gewonnen, als sie beim Einzug in Berlin das kleine Mdchen, das ihr ein Gedicht aufsagte, zum Schrecken ihrer ge-strengen Oberhofmeisterin kte. Das junge Paar lebte am liebsten fr sich auf dem Lande, besonders auf dem Gute Paretz an der Havel. Scherzend nannte sich der Krn-Prinz den Schulzen von Paretz", während seine Gemahlin sich als gndige Frau von Paretz" gefiel. Art Erntefesten, wenn das junge Volk der Schnitter zum Tanze flog, mischten sie sich gern unter die Frhlichen. Nicht selten ging die hohe Frau bei den jhrlichen Dorf-festen von Bude zu Bude, um fr die Jugend, die sie umringte, kleine Geschenke einzukaufen, und dann kam es vor, da die Kinder ihr zntrau-lich zuriefen: Mir auch was, Frau Knigin!" Ebenso schn gestaltete sich das Familienglck im heiteren Verkehr mit den eigenen aufblhenden Kindern, so da die Knigsfamilie ein Vorbild fr das ganze Land wurde. An ihrem ersten Geburtstage in Berlin hatte die Kronprinzessin den König Friedrich Wilhelm Ii. um eine Handvoll Geld, so groß wie das Herz des besten Knigs, gebeten, damit die Armen der Hauptstadt an ihrer Freude teilnehmen knnten. Als Luise Knigin geworden war (1797), schrieb sie an ihre Gromutter: Ich bin jetzt Knigin, und was mich dabei am meisten freut, ist die Hoffnung, da ich nun meine Wohltaten nicht mehr so ngstlich zu zhlen brauche." Einige Jahre schnsten Glckes waren der holden Frau noch beschieden. Aber 1806 traf ein schweres Geschick ihre Familie und das Vaterland. In Frankreich war 1789 eine groe Umwlzung (Revolution) er- fffnfeegcs folgt. Den König Ludwig Xvi. hatten die Vertreter des franzsischen Laufbahn, Volkes zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dann waren die An-Hnger des Knigtums ausgerottet, Strme von Blut vergossen worden, bis sich ein khner, begabter Feldherr, Napoleon Bonaparte aus Korsika, zum Kaiser der Franzosen aufgeschwungen hatte (1804). Fast mit ganz Europa hatte Frankreich damals Krieg, aber aus allen diesen Kriegen ging es siegreich hervor. Besonders war dies das Verdienst Napoleons. Seinen glnzendsten Sieg erfocht er bei Austerlitz der die vereinigte Macht von Rußland und sterreich (1805).

7. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 70

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
70 10.4n deiner Brust sind deines Schicksals Sterne.^ 11. Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme. 12. Das eben ist der Fluch der bösen Tat, daß sie, fortzeugend, immer Böses muß gebären. j (Wallensteins Tod.) 1 i,' Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort/ das schwer sich handhabt wie des Messers Schneide. 14. Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen. 15. Hab' ich des Menschen Kern erst untersucht, so weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln. 16. Ein Wort nimmt sich, ein Leben nie zurück. 17. Wo viel Freiheit, ist viel Irrtum, doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht. b) Jungfrau von Orleans. 1. Das Weib bedarf in Kriegesnöten des Beschützers, und treue Lieb' hilft alle Lasten heben. 2. Es soll der Sänger mit dem König gehen, sie beide wohnen auf der Menschheit Höhen. 3' Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre. 4. Wer treulos sich des Dankes will entschlagen, dem fehlt des Lügners freche Stirne nicht. 5. Eine Versöhnung ist keine, die das Herz nicht ganz befreit. Ein Tropfen Haß, der in dem Freudenbecher zurückbleibt, macht den Segenstrunk zum Gift. 6. Auf der Größe Gipfel vergiß nicht, was ein Freund wiegt in der Not. 7. Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens^ 8. O schwer ist's, in der Fremde sterben unbeweint. o) Braut von Messina. 1. Der ist kein Tapfrer, kein Ehrenmann, der den Gebieter läßt verachten. 2. Ungleich verteilt sind des Lebens Güter unter der Menschen flücht'gem Geschlecht, aber die Natur ist ewig gerecht.

8. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 103

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
103 sieh, von den Wunden heben sie die Falten und starren mich gebrochnen Auges an, Germanikus, und Drusus, und Sejan — wer rief euch her? Kann euch das Grab nicht halten? Was saugt ihr mit dem Leichenblick, dem stieren, an meinem Blut und dörrt mir das Gebein? 's ist wahr, ich tötet' euch! doch mußt' es sein. Wer hieß im Würfelspiel euch auch verlieren!j Hinweg! — Weh mir! Wann endet diese Pein!" Der Arzt bot ihm den Kelch; er sog ihn leer und sank zurück in tödlichem Ermatten! Dann, aus den Kissen, blickt er scheu umher, und frug verstört: „Nicht wahr? Du siehst nichts mehr? Fort sind sie, fort, die fürchterlichen Schatten. — Vielleicht auch war's nur Dunst. — Doch glaube mir, sie kamen oft schon nachts, und wie sie quälen, das weiß nur ich — Doch still! — Komm, setz dich hier nah, nah, von anderm will ich dir erzählen. Auch ich war jung einst, traut' auf meinen Stern und glaubt' an Menschen. Doch der Wahn der Jugend zerstob zu bald nur; und, ins Innre lugend, verfault erfand ich alles Wesens Kern. Da war kein Ding so hoch und bar der Rüge, der Wurm saß drin; aus jeder Großtat sahn der Selbsucht Züge mich versteinernd an; Lieb', Ehre, Tugend, alles Schein und Lüge! Nichts unterschied vom reißenden Getier dies Kotgeschlecht, als im ehrlosen Munde der Falschheit Honig und im Herzensgründe die größre Feigheit und die wildre Gier. Wo war ein Freund, der nicht den Freund verriet? ein Bruder, der nicht Brudermord gestiftet? ein Weib, das lächelnd nicht den Mann vergiftet? Nichtswürdig alle — stets dasselbe Lied. Ta ward auch ich wie sie. Und weil nur Schrecken sie zähmte, lernt' ich Schrecken zu erwecken; und Krieg mit ihnen führt' ich. Zum Genuß ward ihre Qual mir, ihr verendend Röcheln, ich schritt ins Blut hinein bis zu den Knöcheln; doch auch das Grausen wird zum Überdruß.

9. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 170

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
170 3. Nicht, daß sie unterlegen waren, drückte diesen Männern das Herz ab, wenn sie in strenger Winternacht um ihre Feuer saßen. Sonst schauten sie nach einer Niederlage bitter oder trotzig zum Himmel auf, wo Wodans bekanntes Gejaid wie ergrimmt im Nordsturm fuhr. „Wodan hat es nicht anders bestimmt," sprachen sie schlicht. Und mit derselben hartnäckigen Ruhe, mit der sie ihr Letztes und Bestes, ja, sich selbst dem glücklichen Spieler übergaben, wenn sie im Glücksspiel verloren hatten, mit derselben gläubigen Hartnäckigkeit schauten sie in ihre Feuer und be- rechneten die Wege, die trotz alledem noch zur Rettung führen konnten. Auch scharten sie sich wohl auf entlegner Waldlichtung um ihre Opfer- feuer, die Männer in den rauhen Fellgewanden, die Frauen in ihrem stolzen Goldhaar, und mit dem Opferrauch stiegen eine Nacht lang ihre Gebete zu den schlafenden Göttern. Gegen Morgen dann, wenn der Wald wach wurde, gingen sie mit kräftigem Händedruck und ruhigem „Heil!" zu neuer Umschau und Arbeit an ihr Tagewerk. 4. Nichts mehr von alledem! Ein schlimmerer Feind als der Franke hatte in ihre Herzen Eingang gefunden. Die Säule Jrmins hatte Karl gestürzt — auch in ihren Herzen! Ihre Heiligtümer waren vernichtet, ihre Götter verspottet. Und das Unglaubliche war geschehen: — nicht einen Finger hatten die beschimpften und entehrten Germanengötter ge- rührt! Wann hatte man solche Ehrlosigkeit, solche Feigheit im Nordland erlebt?! — Da zog ein großes Irrewerden über dies Land des graden Glaubens; ein bisher unbekanntes Unkraut, der Zweifel an den eignen Göttern, sproßte nun im Sachsenland in allen Herzen auf, ausgesät von den Priestern des Südens. 5. Lüge war, was sie bis jetzt geliebt. Der Schwur, den der Mann dem Manne geschworen bei den Göttern des freien Waldes, der Schwur war Lüge. Donar, der im Wetter dahinfuhr; Wodan, der mild- starke Mantelgott mit Speer und Sonnenauge; Freya, die Liebliche: die Prophetinnen und weißen Frauen am Waldquell; die Nixe der Wasser, die Kobolde und Zwerge der Waldklüfte, die Elfen in den Weiden der Nebeltäler — Lüge! Leer wie eine Winternacht lag die deutsche Welt. Nichts mehr, das diese Enttäuschten freute, nichts mehr, für das sie glühen und um das sie kämpfen mochten. Denn nicht für seine Scholle bloß kämpft ein Volk, für seine Götter kämpft ein Volk. Für seine Welt- anschauung, für seine ganze äußere und innere Welt kämpft ein Volk. Niemals hätte des Franken Schwert das Sachsentum zerrüttet, wäre ihm nicht der stärkere Bundesgenosse zur Seite gezogen: die Gedankenmacht des Christentums. Sie machte das unbeholfne Sachsenvolk an seiner eignen Welt irre, kränkelte sie an mit des Zweifels Blässe und entwand ihnen mit lächelnder Überlegenheit die Streitaxt. „Wenn alle unsre Götter nichts sind, wenn das da erst, was die Franken an goldnen Kreuzen

10. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 354

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
354 daß er sich einen reichen Schatz von Kenntnissen erwarb und als ein wissenschaftlich hervorragend durchgebildeter Mann in das Leben trat. Aber sein Herz war leer geblieben! Bis einst beim Lesen des Johannisevangeliums, sonderlich des 17. Kapitels, die Wahrheit des göttlichen Evangeliums ihn überwältigte und das göttliche Licht in seine nach Wahrheit und Frieden dürstende Seele drang. Das war die Stunde seiner Bekehrung und neuen Geburt. Und was er tat, tat er ganz; er haßte alles laue und halbe Wesen: es war alles bei ihm aus einem Guß. So gab er sich mit ganzer Seele und mit allen seinen Kräften dem Herrn hin; Großes und Kleines — alles wurde bei ihm Zeugnis und Bekenntnis, alles war von der Liebe Christi durchglüht. Das zeigte sich bereits in seiner Kandidatenzeit, die er in Lauenburg und Lüneburg als Hauslehrer verlebte. Treu und hingebend in seinem häuslichen Beruf, ging seine. Wirksamkeit doch weit über denselben hinaus. Schon in jenen Orten bewies er sein Glaubensleben in einer großartigen Liebestätigkeit, die sich auch bereits auf die Heidenmission erstreckte. Ganz be- sonders aber war das in Hermannsburg der Fall, wo er 1844 ein pietätvoller Hilfsprediger seines alten Vaters, 1849 aber nach dem Tode desselben sein Nachfolger wurde. Ein Mann voll Geistes und Glaubens, war er auch ein volkstüm- licher Prediger, wie die lutherische Kirche seit den Tagen Luthers keinen zweiten gehabt hat, und sein Handeln und Wandeln war in jeder Beziehung eine Bestätigung seiner Predigt. So ging ein geistes- mächtiger Einfluß von ihm aus, und in Hermannsburg entstand eine lebendige Bewegung, die rasch wie ein Feuer die Lüneburger Heide durchlief und sich bald weithin über Deutschland verbreitete. All- jährlich wanderten viele nach dem stillen abgelegenen Heidedorfe, saßen unter seiner Kanzel in der einfachen gotischen Dorfkirche oder unter einer knorrigen schattigen Eiche auf einem der friedlichen Heidhöfe und holten sich Nahrung und Erquickung für ihre Seele. Bald mußten- seine Predigten auch gedruckt werden, das Verlangen danach war zu groß, und noch jetzt gehören seine Evangelien- und Epistel- predigten zu denen, die am weitesten verbreitet sind und am liebsten gelesen werden, so daß er auch noch nach seinem Tode einen segens- vollen Einfluß auf unser deutsches Christenvolk ausübt. Er hat nicht lange gelebt. In hingebender selbstloser Liebe hat er seine Kräfte ohne Schonung bald verzehrt. Schon 1865 am 14. November rief der Herr seinen treuen Diener heim. Er starb nach schwerem Leiden, heilsgewiß und hoffnungsfreudig. 3. Im Herbst 1849 hatte er in Hermannsburg die Missions- anstalt gegründet. Kurz vorher hatte er auf dem Missionsfeste der
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